Samstag, 9. Mai 2015

Swimmy von Leo Lionni und Elmer and the Big Bird von David McKee

Ein letztes Mal noch zum Bahnstreik, dann ist dieses Thema erledigt. Schuldig für den Bahnstreik ist, so die öffentliche Meinung, der GDL-Chef Claus Weselsky. Niemand weiss so gut wie das Bilderbuch, dass jede Zeit bestimmten Trends unterliegt. Das Bilderbuch war schon immer Abbild der Gesellschaft, es war aber auch Impulsgeber für diese. Vgl. hierzu vor allem die Bilderbücher von Wilhelm Busch oder Heinrich Hoffmann. 1963 ist eines der bis heute einflussreichsten zeitgenössischen Bilderbücher erschienen. Leo Lionni beeinflusst mit Swimmy das Gerechtigkeitsgefühl von nun schon drei Kindergenerationen. Das Werk hat jedoch einen deutlich gesellschaftskritischen Anstrich. Es thematisiert eindeutig die Unterdrückung der Schwachen durch die Starken oder Mächtigen. Der böse Thunfisch ist dabei kein Einzelfall, sondern Teil des Systems. Die kleinen Fische des Meeres müssen sich deshalb dauerhaft organisieren, wenn sie den vielen Thunfischen im Meer ebenbürtig sein wollen. In den 1960er und 1970er Jahren war es en vogue die Systemfrage zu stellen. Diese Diskussion spielt über 50 Jahre später fast keine Rolle mehr, oder zumindest nur noch eine sehr untergeordnete. Mit Elmer and the Big Bird hat David McKee die Geschichte von Leo Lionni in die stark durch Individualisierung gekennzeichnete Gegenwart überführt. Selten ist mir eine so orginalgetreue Kopie in neuem Kleid untergekommen. Aber, es gibt eben doch auch gravierende Unterschiede. Der große Vogel - the bully bird - der ein echter Rabauke ist, hat keine Systemrelevanz mehr. Ihm mangelt es einfach an guter Erziehung, an Anstand und an Benimm. Dieser Quälgeist erlaubt es sich die Harmonie der Vögel, und damit der Freunde von Elmer, zu zerstören. Das kann der buntkarierte Elefant natürlich nicht auf sich sitzen lassen und eilt seinen Freunden in Musketieremanier zu Hilfe. Aber selbst das historische "einer für alle und alle für einen" spielt in McKees Buch nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr hilft man zusammen, damit der gewohnte Alltag wieder seinen gewohnten Gang gehen kann. Für McKee stellt sich die Systemfrage nicht mehr. In seiner Welt gibt es nur gute und schlechte Tiere. Der Bully Bird gehört natürlich zu den letzteren und deshalb gehören ihm die Grenzen aufgezeigt. Genau das passiert dann auch. Punktum, mehr will das Buch überhaupt nicht vermitteln. Damit ist im Bilderbuch festgehalten, was ein bekannter Präsident einmal so formuliert hat: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns." So könnte man es zuspitzen. Im Bilderbuch klingt es unterschwellig so: "Der Bully Bird ist und bleibt ein Bully Bird." Und genau an dieser Stelle unterscheiden sich dann auch Bilderbuch und Realität. Was dort so schön eindimensional und richtig ist, verliert in der Realität schnell seine Bedeutung. Außer man möchte in gar keinen anderen Kategorien denken als in "Wilbur-Kategorien".

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