Dienstag, 19. Mai 2015

The day Louis got eaten von John Fardell

John Fardell verknüpft in seinem Bilderbuch "The day Louis got eaten" zwei Grundmotive: Erstens, der Stärkere gewinnt und zweitens, das Kleine passt ins Große. Beides hat kausale Dimensionen und ist von gesetzähnlichem Charakter. Zur Geschichte: Louis ist mit seiner Schwester unterwegs. Plötzlich wird er von einem Ungetüm gefressen. Die Schwester will ihn befreien, aber ein zweites, viel größeres und stärkeres Ungetüm frisst das Erste auf, usw. Am Ende steckt Louis gleich in fünf Ungetümen, als seine Schwester endlich eine Chance bekommt ihn zu befreien. Das einfache Vorlesebuch erreicht dort seinen Höhepunkt, wo der Leser in einer Art Draufsicht und mit Röntgenblick die Möglichkeit bekommt, einen Blick in die Mägen der Monster zu werfen. Diese Szene ist urkomisch, weil so besonders ungewöhnlich. Ob dieses Anblicks ist man mächtig amüsiert, natürlich insbesondere auch, weil man sieht, dass es Louis gut geht. Nun gibt es nur einen Weg raus aus den Monstern. Zuerst muss dafür gesorgt werden, dass jedes Ungetüm das von ihm gefressene ausspukt. Louis kann schließlich sein Ungetüm nur verlassen, wenn dieses selbst nicht mehr in einem anderen Ungetüm steckt. Dies gelingt durch die tatkräftige Mithilfe eines Frosches, der einen Schluckaufstaffel auslöst, in deren Folge jedes Ungetüm ausspuckt, was es gefressen hat. Auch die Schluckaufidee ist genial und bringt die Leser zum Lachen. Leider ist das Ende des Buches missraten. Alle Ungetüme haben nun so Hunger, dass sie die große Schwester von Louis fressen wollen. Das ist schlecht motiviert. Man fragt sich, warum sich das große Ungetüm nicht einfach wieder die Kleinen einverleibt. Aber es wird noch schlimmer. Alle Ungetüme werden schließlich vom kleinen Louis vertrieben, der ruft: "Get away from my sister or I'll eat you up." Bis heute leuchtet mir nicht ein, warum das den Ungetümen Angst machen soll. Eine findige List hätte mich an dieser Stelle mehr überzeugt. Das einzig positive, was man dem gewählten Ende abgewinnen kann, ist die damit transportierte Moral, dass das Gesetz "der Stärkere gewinnt", durchaus auch ausgehebelt werden kann. Aufgrund des logischen Bruchs in der Erzählung kann man damit im richtigen Leben aber wenig anfangen. Die dargelegte Strategie würde nämlich nie zum Erfolg führen. Gut vermittelt wird jedoch der kausale Zusammenhang des Monsterverschluckens. Hier gibt es Gesetzmäßigkeiten, die einzuhalten sind. Auch dann, wenn man den eigenen Bruder wieder befreien möchte. Das ist der eigentliche Wert dieses Buches, der es auch zum Sachbuch macht. An dieser Stelle noch ein kleiner Exkurs: Für mich ist Maurice Sendak der Vater aller modernen Monster in Bilderbüchern. Das sympathischste aller Monster hat hingegen Alex Scheffler mit dem Gruffelo geschaffen. Sowohl beim Gruffelo als auch bei "Where the wild things are" werden die Monster überlistet. Bei Sendak mit dem "magischen Trick", bei Scheffler und Donaldson durch die genialste Finte, die es überhaupt in einem Bilderbuch gibt. Jedes neue Monster das gezeichnet wird, steht irgendwie in der Tradition der Sendak- und Scheffler-Monster. Nicht nur Illustratoren sollten sich dort inspirieren lassen, sondern auch Autoren. Monster trickst man aus!        

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